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Die nackte Wahrheit: Stefan Richter

Kennt ihr eigentlich schon …

… ComiCulture-Inhaber Stefan Richter?

Seit fast 28 Jahren existiert im Braunschweiger Handelsweg ein städtisches Zentrum der Nerdkultur, das Geschäft „ComiCulture“. Das Sortiment des legendären Inhabers Stefan Richter, der den Laden 1996 im Alter von 29 Jahren eröffnete, umfasst Brett- und Sammelkartenspiele, Mangas, Comics, Memorabilien und jede Art von Gedöns, das etwas mit fantastischen Welten zu tun hat. Der Laden ist dabei sehr viel mehr als Einzelhandel, ein Treffpunkt für Gleichgesinnte, Magic-Turniere und zweites Wohnzimmer. Wir waren zu Besuch und haben Stefan auf den Zahn gefühlt.

Kleine inhabergeführte Läden wie deiner sind selten geworden …
Als ich vor über 25 Jahren hier eröffnet habe, war das so ziemlich der einzige Laden in Braunschweig, der gerade frei war. Und wenn du jetzt durch die City gehst, siehst du überall, dass da was fehlt. Und da verliert natürlich eine Stadt auch Attraktionen. Warum sollte ich in die Stadt fahren? Um den hundertsten Fress-Shop zu besuchen? Städte brauchen Anker, brauchen halt ein Gesicht. Und das verschwindet immer mehr und wird immer gleichförmiger. Das ist ein bisschen schade. Aber auf der anderen Seite machen auch kleinere Läden auf, die häufig so ein bisschen das Künstlerische betonen. Aber leider verschwinden die nach einer kurzen Zeit oft alle wieder.

Woher kommt deine Leidenschaft?
Ich bin Jahrgang 1967, damals gab es wenig Möglichkeiten, um deinen Geist auf Reisen zu schicken. Keine Computerspiele, selten etwas wirklich Spannendes im Fernsehen. Wenn du was erleben wolltest, musstest du lesen. Comics sind ein schnelles Medium. Im Comic wird natürlich ein Teil der Fantasie sozusagen vorgegeben, durch die Kunst. Aber es reißt dich dann mit. Und das fand ich wunderbar. Ein Ort zum Träumen: Die Zeit, die du mit Lesen verbringst, bleibt dir. Die kann dir keiner nehmen.

Mit welchen Reihen wurdest du infiziert?
Klassiker: Micky Maus, Asterix, Lucky Luke. Eher europäische Sachen, aber recht früh kamen dann auch schon die Marvel Comics dazu. Gerade den Spider-Man fand ich ganz gut. Das ist, glaube ich, auch oft so bei Jungs in einer Zeit, in der man seinen Platz im Leben noch nicht kennt und sich dann mit so einem Charakter identifiziert. Wo stehe ich im Leben? Wer steht gegen mich? Ach, alle sind so böse. Und das gehört vielleicht auch dazu, zum Erwachsenwerden. Das fand ich wunderbar.

Geben die Fans von früher ihren Kindern die Begeisterung weiter?
Es ist schon zu sehen, dass die Comics mit dem Alter mitgewachsen sind. Also wenn hier ein Erwachsener reinkommt und der will für seinen Sohn einen Spider-Man-Comic kaufen, da empfehle ich eher was Altes, als was Neues, denn die Storylines sind alle sehr, sehr viel erwachsener geworden. Also keinesfalls mehr für Kinder. Das ist eine Lücke, die sich aufgetan hat überall: Lego verkauft nicht mehr an Kinder. Lego verkauft an Star-Wars-Freaks.

Was macht deinen Laden aus?
Das Geheimnis ist einfach, dass die Leute hier ein Zuhause haben.

Zieht der Laden auch überregional?
Vor kurzem war jemand aus Schleswig-Holstein hier, ich glaube aus Lübeck, und meinte, das Erste, was er hier immer besucht, ist mein Laden.

Blickst du deine „Ordnung“ hier noch?
Das ist ein Gedankenpalast tatsächlich. Und jetzt habe ich ein bisschen umgeräumt, damit ist der zerbrochen und baut sich nur ganz langsam wieder auf, das dauert eine Weile. Aber das Schöne ist, es sieht immer so aus, als ob ich Ahnung habe, weil ich mich besser auskenne als jeder andere. Das ist der Trick.

Also, du weißt, wo alles ist?
Ungefähr. Nicht genau, aber ungefähr halt.

Die wertvollste Sache in deinem Bestand?
Zurzeit ist es eine Magic-Karte, die es nur 250 Mal gibt. Die ist so etwa 2800 Euro wert.

Betrachten manche sowas als Wertanlage?
Ja, sowas gibt es. Aber manchmal ist es auch eine Ausrede. So nach dem Motto, ich möchte das eigentlich haben, bin eigentlich gierig drauf, aber ich nenne es mal „Investition“. Investition ist eine gute Ausrede zu Hause.

Ist ja auch bei Comics ein Thema …
War mal mehr auf jeden Fall, es wird ja auch viel einfach nachgedruckt. Ansonsten ist das eher so ein US-Ding. Die Ausgaben von Batman aus der Golden Age, die mal 10 oder 20 Cent gekostet haben, werden schon stark gesammelt, auch wenn die Leute mit dem Material da drin nicht mehr viel anfangen können. Der erste Superman, der ist irgendwann im Krieg rausgekommen, 1942 oder so und kostet ca. so zwei, drei Millionen. Wenn er gut aussieht, auch zehn Millionen, das ist dann egal. Es gibt Leute, die haben Geld, die haben Herz und die wollen das haben. Und es gibt Leute, die Geld haben und denken, dass es Leute gibt mit Herz und deswegen wollen sie es haben. Ja, die Leute sammeln halt. Das gehört vielleicht zum Leben dazu.

Man munkelt, das Teufelshorn auf deiner Stirn sei ein Implantat?
Die ganzen Mythen, die es über mich gibt. Es gibt Leute, die dafür viel Geld ausgeben. Ja, ich habe auch immer gehofft, dass mir hier noch einst wächst, dann wäre es cool. Letztlich ist es wohl einfach eine Art Pickel, einfach angewachsen. Es ist nicht schlimm, meinte mein Arzt. Ich könnte es operieren lassen, aber es besteht die Gefahr, dass es dabei einen Nerv in Mitleidenschaft zieht, dann hätte ich so ein hängendes Augenlid, das muss nun auch nicht sein.

Foto Simon Henke

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Simon Henke

Geschrieben von Simon Henke

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