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Was geschah im Teufelsspring?

Mario Bekeschus im SUBWAY Interview zu seinem neuen Buch-Projekt und was er nur uns verraten hat.

Mario Bekeschus lebt und arbeitet in Hannover und ist leidenschaftlicher Autor. Seine enge Verbindung zu Braunschweig inspiriert ihn zu Regionalkrimis rund um Kommissar Wim Schneider. Seinem Debüt „Gaußberg“ folgten bislang „Hinter Liebfrauen“, das es, wie „Im Eichtal“ auch auf die Shortlist des LovelyBooks Community Awards schaffte. Weitere Werke sind „Im Eichtal“ und „Teufelsspring“, zu dem wir Mario unter anderem auch ein paar Fragen gestellt haben. Er hat sogar eine exklusive Neuigkeit für uns.

Wie ist Mario Bekeschus als Autor und privat? Oder bist du immer als Autor unterwegs, um bereit zu sein für neue Inspirationen?
Es gibt auf jeden Fall den privaten Mario, der nicht in der Öffentlichkeit steht – der Freunde, Bekannte und Hobbys außerhalb der Autor:innen-Bubble hat – und das ist auch gut so.
Manchmal verschwimmen die Grenzen zwischen dem Privat- und dem Autorenleben jedoch, denn natürlich laufe ich immer mit offenen Augen durch die Welt und finde dabei tatsächlich auch hin und wieder neue Inspirationen für meine Schreibprojekte. Da spielt es dann keine Rolle, ob ich gerade privat oder als Autor unterwegs bin.

Wie war es bei deinem neuen Buchprojekt „Teufelsspring“? Hat dich das Thema gefunden?
Die beiden Schwerpunktthemen „30 Jahre queere Community“ und „Pflege“ fußen auf persönlichen Erfahrungen, die ich in das Buch eingebracht habe, aber auch auf dem Wunsch meiner Leserschaft, dass meine Kurzgeschichte „Nebeltal“ von 2022 weitererzählt werden soll. Hier geht es um die Kindheit und Jugend der transsexuellen Joelle, die nun zu Beginn von „Teufelsspring“ tot im Museumspark aufgefunden wird.

Als Info für die Leser: Welche dunkle Geschichte verbirgt sich hinter dem „Teufelsspring“ und wie viel Wahrheit glaubst du steckt dahinter? Warst du selbst auch vor Ort?
„Teufelsspring“ ist ein Zufallsfund aus dem Braunschweiger Straßenverzeichnis, das ich vor zweieinhalb Jahren auf der Suche nach einem griffigen Buchtitel durchstöbert habe. Ich hatte zunächst keine Ahnung, wo sich die Straße befindet, und habe dann bei meiner Recherche festgestellt, dass ich die Straße im Braunschweiger Stadtteil Stiddien aber vom Vorbeifahren kenne. Der Straßenname geht auf einen sagenumwobene Weiher im Dreieck Stiddien-Broitzem-Timmerlah zurück, den zumindest Google maps nicht eindeutig kennt. Im Original heißt die Sage „Ne Sage vonnen Düwelspring“ und wurde auf Broitzemer Platt niedergeschrieben. Sie besagt, dass eine Hochzeitskutsche samt Brautpaar, Kutscher und Pferdegespann in einen Weiher gerast und spurlos verschwunden ist. Ob das wirklich so war, überlasse ich der Fantasie der Leserinnen und Leser, ich habe die Geschichte aber für meinen Krimi gut verwenden können.

Du erwähntest eigene Erfahrungen. Hast du lange überlegt, ob du deine persönlichen Erlebnisse in die Story einbindest?
Dass einige persönliche Erfahrungen und Erlebnisse in das Buch einfließen würden – ich darüber hinaus aber noch weitergehend und intensiv würde recherchieren müssen – war mir klar.

Gibt es eine Stelle in „Teufelsspring“, wo es zu einem überraschenden Wendepunkt kam, mit dem du selbst nicht gerechnet hast?
Die gibt es, aber die verrate ich nicht, um nicht zu spoilern. Es kommt aber gar nicht so selten vor, dass man im Laufe eines Schreibprozesses von der ursprünglich ausgedachten Storyline abweicht, weil es plötzlich neue Ideen gibt, die besser passen.

Wie haben sich deine Figuren entwickelt? Gab es sogar eine Figur, die aus der Reihe getanzt ist und sich nicht so recht in die Handlung einfinden wollte?
Dadurch, dass sich die Bände quartalsweise weiterentwickeln und mittlerweile alle vier Jahreszeiten und damit ein ganzes Jahr im Leben von Kommissar Wim Schneider abgebildet wird, konnte man am Leben meiner Figuren sehr gut teilhaben. Es gab keine große Zeitsprünge, man war sofort wieder drin, wenn ein neues Buch rauskam, aber wie im wahren Leben gab es auch Schicksalsschläge, persönliche Veränderungen, überraschende Wendungen. Die meisten waren geplant, weil es für die Biografie einer jeden Figur eine Grundidee gibt, wohin die Reise gehen soll. Einige Aspekte fielen mir aber auch spontan ein, aus der Reihe getanzt ist dabei jedoch niemand. Insgesamt ist es mir wichtig, ein möglichst authentisches Abbild der Gesellschaft zu zeichnen.

Gibt es – eine Figur, einen Handlungsstrang – die/den du im Nachhinein verändern würdest?
Nein. Da bin ich mit mir im Reinen. Ich lege sehr viel Wert auf die Ausgestaltung der Figuren, sodass eigentlich alle Handlungsstränge immer sorgfältig durchdacht sind.

Es begann mit „Gaußberg“. Welche Entwicklung hast du mit der Fortsetzung deiner Reihe selbst durchlebt?
Puh, wo soll ich da anfangen? Ich denke, dass ich meinen Schreibstil mit jedem weiteren Buch optimiert habe – vor allem dank der großartigen Zusammenarbeit mit meiner Lektorin. Folglich traue ich mir schriftstellerisch nun mehr zu und bin auch wegen der tollen Rückmeldungen meiner Leserschaft bei den Themen mutiger geworden. Ich habe zudem Fuß gefasst in der Branche, mir ein Netzwerk aufgebaut und auch einen gewissen Bekanntheitsgrad – zumindest regional – erlangt. Mit all dem umzugehen, war vollkommen neu für mich und ist bis heute ein stetiger Lernprozess.

Wir wollen ja nicht zu viel verraten, aber wie wird es mit Wim Schneider weitergehen oder schickst du ihn nach dem Fall in den wohlverdienten Ruhestand?
In der Tat wollen wir da nicht zu viel verraten. Der Autor macht sich seine Gedanken und schweigt. Verraten kann ich aber, dass es entgegen dem bisherigen Rhythmus im Februar kommenden Jahres keinen neuen Wim Schneider-Krimi geben wird. Nach vier Buchveröffentlichungen in vier Jahren und über 60 Lesungen Ende 2025 benötige ich einfach eine kreative Wim Schneider-Pause. Es ist aber ausdrücklich keine Schreibpause, denn das Schreiben an sich ist ja meine große Leidenschaft. Ob und wie und wann es mit Wim weitergeht, werde ich zu gegebener Zeit bekanntgeben. Zahlreiche Leserzuschriften, in denen aktuell der Wunsch nach einer Fortsetzung geäußert wird, freuen den Verlag und mich wahnsinnig, bestärken mich aber darin, dass es falsch wäre, zu Lasten der Qualität auf Masse zu produzieren und sich nicht die Zeit zu nehmen, die es braucht.

Es gab ein „Crime-Crossover“ mit Bettina Reimann. Wie habt ihr euch gefunden? Und was genau verbindet euch?
Wir sind Verlagskolleg:innen beim Gmeiner-Verlag, wohnen gar nicht weit voneinander entfernt und haben uns dennoch erst auf der Frankfurter Buchmesse 2022 zum ersten Mal persönlich kennengelernt. Es sollten diverse Treffen in Hannover folgen. Wir schätzen uns gegenseitig sehr und mögen auch die Krimireihen des jeweils anderen außerordentlich gerne. So ist die Idee entstanden, dass sich unsere Hauptfiguren in unseren Büchern „Teufelsspring“ und „Aller-Rache“ doch einmal persönlich kennenlernen könnten.

Was die Leser nicht mitbekommen… wie viele Unterstützer hast du beim ganzen Prozess an deiner Seite? Und seid ihr mittlerweile ein eingespieltes Team, dass schon vieles von selbst läuft?
Zu einer Buchveröffentlichung gehört tatsächlich ein ganzes Team. Es fängt mit zwei Testleserinnen an, die eng mit mir befreundet sind, das Manuskript kritisch gegenlesen und Inhalte mit mir diskutieren. Dann sind sämtliche Mitarbeitenden im Verlag zu nennen, die an so einem Prozess mitwirken. Allen voran meine Lektorin, aber zum Beispiel auch die Personen aus der Abteilung „Marketing und Vertrieb.“ Sehr wichtig sind auch meine Buchblogger:innen, die die Bücher (vorab) lesen, rezensieren und mich ganz hervorragend bei Instagram supporten. Dazu kommen Familie und Freunde als immerwährende persönliche Unterstützung. Nach vier Büchern haben sich in all diesen Bereichen durchaus auch Routinen entwickelt, die ich sehr zu schätzen weiß.

Viele Leser:innen können einen wichtigen Bezugspunkt in deiner Story finden. Denn, sobald ein geliebtes Familienmitglied ins Pflegeheim kommt, verändert sich alles. Was hoffst du, dass deine Leser:innen aus dem Buch mitnehmen?
Ich wünsche mir, dass „Teufelsspring“ nicht nur Spannung bei der Leserschaft erzeugt, sondern auch zum Nachdenken anregt. Hinsichtlich der Pflege ist es mir wichtig, auf den Pflegenotstand hinzuweisen, der geleisteten Arbeit in den Einrichtungen aber auch die Anerkennung und den Respekt zu zollen, die sie absolut verdient. Meine persönlichen Erfahrungen in diesem Bereich waren bis auf ganz wenige Ausnahmen durchweg positiv. Dass ein Krimi aber eine gewisse Zuspitzung braucht, damit der gewünschte Nervenkitzel beim Lesen eintritt, sollte man bei der Lektüre im Hinterkopf behalten. „Teufelsspring“ ist kein Sachbuch und auch kein Ratgeber, es ist Belletristik, bei der es eine gewisses Maß an künstlerischer Freiheit immer geben muss.

Was kannst du uns exklusiv über dein nächstes Projekt erzählen?
Aktuell schreibe ich zusammen mit meiner Autorenkollegin und guten Freundin Michaela Metzner an einem „Romantic Thriller“, der aller Voraussicht nach im Herbst 2026 erscheinen wird. Da zwischen unseren Wohnorten etwa 450 Kilometer Distanz liegen, brauchte es Handlungsorte, die wir beide gut kennen und beschreiben können – sodass die Story vor allem am Gardasee spielt, einem unserer Lieblingsurlaubsorte. Sowohl das Schreiben in einer Co-Autorenschaft als auch das Genre sind eine neue Erfahrung für mich, die mir derzeit sehr viel Freude bereitet. Ich kann im Übrigen nicht ausschließen, dass auch Wim Schneider in einer kleinen Nebenrolle dabei sein wird.


Nur mal kurz
Wenn Wim Schneider eine Frau wäre, dann…
… hätte sie einfach nur einen anderen Vornamen und anstatt einer Schwester vielleicht einen Bruder.

Du kannst einen Tag lang in der Welt deines Romans verbringen – wo würdest du hingehen, wen würdest du treffen, und was würdest du lieber meiden?
Ich würde sehr gerne mit meinen Figuren ins Plaudern kommen, eine stressige Dienstbesprechung würde ich dabei aber genauso meiden wollen, wie eine polizeiliche Leichenschau. Vielleicht bietet sich eine Floßfahrt auf der Oker an? Da kann niemand weglaufen.

Was glaubst du: Liegt das Dunkle mehr im Ort oder im Menschen?
Im Menschen.

Auf diese Figur möchte ich lieber nicht treffen, weil…
Eine Begegnung mit dem Chef von Wim Schneider kann mir gerne erspart bleiben, da ich dieser Art von herrischen und misstrauischen Vorgesetzten fürchterlich finde.

Welche deiner Figuren würdest du aber gern zum Abendessen einladen und wohin?
Ich würde mit Wim, Rosalie, Biggi und Mads essen gehen, vorzugsweise in einem meiner Lieblingsrestaurants in Hannover oder Braunschweig.

Du dürftest eine deiner Figuren nur eine Frage stellen. Welche wäre das und wen würdest du fragen?
Ganz ehrlich? Keine Ahnung. Ich glaube, ich weiß alles über sie.

Gibt es ein bestimmtes Ritual, das du immer beim Schreiben hast und einfach sein muss?
Ich brauche beim Schreiben meine absolute Ruhe. Nur der Laptop und ich und vielleicht noch Michaela als Co-Autorin.

Ängste zeigen sich bei jedem Menschen anders intensiv. Welchen Moment aus einer Szene möchtest du nie selbst erleben?
Grundsätzlich möchte wohl niemand Opfer eines Verbrechens werden, aber ich persönlich hasse auch Ungewissheit. Ich möchte daher nicht mit meinen Figuren tauschen, wenn es zum Beispiel um das Warten auf eine ärztliche Diagnose geht.

Gibt es ein Kapitel, das es fast nicht ins Buch geschafft hätte – du aber heute besonders liebst?
Nein.

Welche Frage sollte sich jede:r Leser:in nach dem Zuklappen des Buches stellen?
Wann kommt Band 5 und kann der Bekeschus vielleicht auch was anderes schreiben als Wim Schneider-Krimis?

Foto Klaas-Yskert Tischer

Vergiss nicht, abzustimmen.
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Ivonne Jeetze

Geschrieben von Ivonne Jeetze

„Urlaub ist ja auch eine Flucht.“