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Scrollend in die Depression

Wie anfällig ist unsere Psyche für soziale Medien?

Soziale Medien sind heute integraler Bestandteil unseres Alltags. Sie ermöglichen uns den weltweiten Kontakt mit Gleichgesinnten, das umfangreiche und selbstständige Informieren zu aktuellen Ereignissen sowie jederzeit zu all dem öffentlich Stellung zu beziehen. Doch in den letzten Jahren rückt immer häufiger die psychische Gesundheit in den Mittelpunkt, auf den Plattformen bei ihren Kritiker:innen. Welche Auswirkungen haben soziale Medien für unsere Psyche?

Die Mehrzahl der Studien in diesem Bereich malen ein eher düsteres Bild der Auswirkungen auf die geistige Gesundheit. Oft wird nahegelegt, dass die intensive Nutzung sozialer Medien sogar die Entwicklung von Depressionen begünstigen kann. In einer Studie der Universitäten Arkansas und Pittsburgh, aus dem Jahr 2020, wurden über einen Zeitraum von sechs Monaten 1289 Teilnehmende zwischen 18 und 30 Jahren beobachtet. Von den Befragten gaben zu Beginn der Studie 990 an, keine depressiven Symptome zu haben. Nach Ablauf der sechs Monate hatten 95 dieser Personen (9,6 Prozent) solche Symptome entwickelt. Dabei erwies sich der Zusammenhang zwischen der intensiven Nutzung sozialer Medien und dem Auftreten von Depressionen als signifikant. Somit entpuppen sich soziale Medien, trotz ihrer positiven Möglichkeit, immer eindeutiger als zweischneidige Klinge. Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2022 mit 41.960 Befragten bekommen diese negativen Effekte vor allem die jüngeren Generationen zu spüren. Begriffe, die in diesem Kontext immer häufiger auftreten, sind das “Doomscrolling” und die “Revenge Bedtime Procrastination”.

“Doomscrolling” oder “Doomsurfing” ist eine Bezeichnung für den exzessiven Konsum negativer Nachrichten im Internet. Erstmals wurde er 2018 auf Twitter verwendet und anschließend, während der COVID-19-Pandemie, den häufigen Protesten und der Präsidentschaftswahl immer populärer. Neben der Sucht nach dem Negativen, treten beim ewigen Runterscrollen auch noch andere Effekte auf. Wenn wir ständig die scheinbar perfekten Leben anderer sehen, kann das bekanntlich zu Gefühlen wie Unzulänglichkeit und Selbstzweifel führen. Darüber hinaus können sich durch die ständige Verfügbarkeit und Erreichbarkeit in den sozialen Medien Stress und Angstzustände entwickeln.

Die “Revenge Bedtime Procrastination” beschreibt ein Verhalten, bei dem Menschen ihre Schlafenszeit bewusst, oft bis spät in die Nacht hinein, verzögern, um sich mehr persönliche Freizeit zu schaffen. Dies entsteht typischerweise aus dem Gefühl, tagsüber nicht genug Zeit für seine persönlichen Interessen, Hobbys oder die nötige Entspannung zu haben. Anstatt rechtzeitig ins Bett zu gehen, wird der Schlaf geopfert, um diese Zeit nachzuholen und das Gefühl der Kontrolle über die eigene Freizeit zurückzugewinnen. Da dieses Verhalten logischerweise mit einer starken Müdigkeit einhergeht und die Tageszeit nicht allzu viele Aktivitäten zulässt, fehlen oft Energie und Möglichkeiten, um den verpassten Chancen des Tages nachzugehen, wodurch “Doomscrolling” zur beliebten Alternative wird. Es gibt zwar Möglichkeiten sich selbst zu regulieren, indem man zum Beispiel am Smartphone eine maximale Dauer für die tägliche Nutzung von sozialen Medien einstellt, doch ob diese funktionieren, ist fragwürdig, da sich die “Scrolling-Süchtigen” dafür an ihre eigenen Regeln halten müssten.

Es ist wichtig, ein Gleichgewicht zu finden und bewusst mit sozialen Medien umzugehen. Hilfreich sind regelmäßige Pausen, um sich daran zu erinnern, dass das, was wir online sehen, oft nicht die ganze Geschichte erzählt. Letztendlich bieten soziale Medien viele positive Möglichkeiten, doch dürfen in ihrem negativen Potenzial nicht unterschätzt werden. Es liegt an uns, aber auch an den Betreibenden, wie unser zukünftiger Umgang mit diesem Medium aussieht und ob wir lernen, es achtsam und gewinnbringend einzusetzen.

Foto Matt Moloney-stocksnap.io

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Jakob Stuehff

Geschrieben von Jakob Stuehff

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Ein Jahr 381