„Oil. Schönheit und Schrecken des Erdölzeitalters“ im Kunstmuseum Wolfsburg
Erdöl – kein anderer Rohstoff durchdringt so viele Bereiche unseres Lebens: unsere Städte, unsere Körper, unsere Emotionen. An keinen sind derart weitreichende Freiheitsversprechen gebunden. Aber auch kein anderer Stoff neben der Kohle ist so sehr für Umweltverschmutzung und Klimawandel verantwortlich, für Plastikberge an Land und Mikroplastik in den Ozeanen. Und keiner ist derart in Kriege verwickelt. Deshalb wird es Zeit für eine Bestandsaufnahme: Das Kunstmuseum Wolfsburg widmet sich diesem Thema in der spektakulären Ausstellung „Oil. Schönheit und Schrecken des Erdölzeitalters“, die vom 4. September bis zum 9. Januar 2022 zu sehen sein wird. Sie ist die erste, historisch und geografisch umfassende Retrospektive der künstlerischen Auseinandersetzungen mit dem Erdöl und seinen Materialien. Komplex und vielfältig wie nie zuvor bieten rund 220 Gemälde, Skulpturen, Installationen, Videos, Fotografien, eigens für die Ausstellung geschaffene Kunstwerke sowie technische und naturwissenschaftliche Objekte einen Einblick in das globale Erdölzeitalter.
Grundlegend ist die Beobachtung eines tiefen Zwiespalts: Benzin und Kerosin, Plastik, Asphalt und Kunstfasern standen im Erdölboom der 1950er- und 1960er-Jahre für die futuristischen Versprechen unbegrenzter Mobilität, individueller Freiheit sowie uneingeschränkter Wandlungsfähigkeit. Heute verbindet man mit ihnen globale Verteilungskämpfe und Müllberge, Klimaerwärmung, Meeres- und Luftverschmutzung. Bekannte und weniger bekannte künstlerische Werke sowohl aus dem Kanon der westlichen Moderne als aus Ölregionen rund um den Globus werden im schwarzen Spiegel des Öls neu betrachtet und mit aktuellen künstlerischen Positionen in Beziehung gesetzt. Der zeitliche Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf den Jahrzehnten zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs und heute. Die vorgestellten kultur-, technik- und erdgeschichtlichen Konstellationen reichen aber einerseits über Mittelalter und Antike bis in die Frühgeschichte der Kultur und des Lebens zurück und greifen andererseits Entwicklungen vor, die hunderte oder sogar tausende Jahre in die Zukunft reichen können.
Die eigens dafür errichtete Ausstellungsarchitektur erinnert an eine archäologische Ausgrabungsstätte, die Kombination der diagonal durch die Halle verlaufenden Ausstellungswände stellt aber auch abstrahierte Erdschichten dar.
Begleitend zur Ausstellung erscheint eine umfangreiche Publikation, hg. von Andreas Beitin, Alexander Klose und Benjamin Steininger, erhältlich in dt. oder engl. im Museumsshop oder unter kunstmuseum.de/shop für 39 Euro.
Text Kunstmuseum Wolfsburg
Fotos VG Bild-Kunst, Bonn 2021, Nagel Draxler